Lass dich nicht betrunken erwischen – sonst wirst du begraben

Na, wenns sonst nichts ist? La Paz ist durchaus ein seltsamer Ort. Zum einen eine der höchstgelegenen Städte der Welt. Für schon gut an die Höhe Gewöhnte ist es dann ab einer gewissen Zeit kein Problem mehr, aber wenn du von Europa reinfliegst und es unterschätzt, dann liegst du vermutlich mal 4 oder 5 Tage im Bett. Oder du betrinkst dich und wirst begraben.

Für Einfamilienhäuser reicht ein Llama. Wenn es mehr wird, dann wird da auch ein größeres Opfer gefragt!

Ich muss sagen, ich war wirklich sehr gespannt auf La Paz. Habe schon viel von Leuten gehört, und wollte mir das dann doch auch mit eigenen Augen anschauen. Der Start war ja nicht schlecht. Allein in einem 8-Bett-Zimmer mit Badezimmer, und das eigentlich für fast die ganze Zeit. Absolut kein Grund, sich irgendwie zu beklagen.

 

Am ersten Tag war dann auch autofreier Tag. Ich beschloss, also einfach mal herumzulaufen und mich ein wenig umzusehen. Eigentlich hatte ich vor, die Walking Tour um 11.00 mitzulaufen, aber irgendwie haben sich der Rezeptionist und ich etwas missverstanden, und er meinte die Tour um 10.00 (was unlogisch wäre, weil ich erst um 10.30 gefragt habe) und erklärte mir den Weg dahin.. Aber ja, schlussendlich schaute ich mir dann halt ein wenig die Gebäude an, den Hexenmarkt, auch wenn da an dem Tag nicht viel los war, weil alle bei den diversen Straßenständen des autofreien Markts waren.

 

Ich ging daher einfach mal zur Agentur und meldete mich zur Death Road an, denn diese Radtour wurde mir von allen Leuten sehr nahe gelegt, und wer bin ich denn, soetwas auszulassen? Im Büro

traf ich dann zufällig noch andere, die mit mir am Vortag angekommen waren, und wir beschlossen gemeinsam ein wenig herumzuschlendern. Das war dann auch echt nett, und wir haben einen der besten Burger gegessen, der mir in letzter Zeit untergekommen ist (ne, im Ernst, er war wirklich gut!) Da gabs dann gleich noch einen zweiten dazu!

 

Und dann gings zum anderen Plaza, von wo aus wir dann die Nachmittags-Walkingtour machten.

Ich denke, die interessantesten Aspekte von La Paz sind das Gefängnis und der Hexenmarkt. Und die Geschichten dazu.

 

Kurz zum Gefängnis. Es handelt sich beim San Pedro Gefängnis um eines für geringere Straftaten. Aber das System ist recht interessant. Das Gefängnis wird mehr oder weniger von den Insassen selbst geführt und ist wie ein Dorf. Aber das außergewöhnlichste: Du musst für deine Zelle Miete zahlen. Wenn du also eine Bank ausgeraubt hast und das Geld noch irgendwo hast, dann kannst du dir eine zweistöckige 'Zelle' mit Jacuzzi leisten, als armer Schlucker teilst du dir ein Zimmerchen mit ein paar anderen. Wer gar kein Geld hat, schläft erstmal am Boden bis er sich genug aufgespart hat, dass er eine Zelle haben darf. Klingt komisch, ist es auch!

 

Es gibt verschiedenste 'Firmen' im Gefängnis, und weils Bolivien ist, ist es natürlich auch recht bekannt für die Kokainproduktion. Mittlerweile scheinbar nicht mehr so sehr, aber naja, ganz offiziell zumindest, sagen wir mal so.

 

Es gibt auch ein Buch, das von einem britischen Insassen geschrieben wurde, welches sich 'Marching Powder' nennt. Leider hat mein Internet es bisher noch nicht zugelassen, dass ich es mir zulege, aber es soll scheinbar sehr interessant sein. Falls dies jemanden interessieren könnte...

 

Eine Sache, die es noch zum Gefängnis gibt, ist die Tatsache, dass es vor ein paar Jahren Gefängnistouren gab. Da musste man sich einschreiben, den Pass zurücklassen, sich dann nochmal einschreiben, und dann wurde man von Insassen herumgeführt. Seit einigen Jahren gibt es diese Touren offiziell nicht, aber viele Leute haben noch die Info, dass es sie noch gibt, beziehungweise sind neugierig und wenn sie etwas angeboten bekommen, packen sie die Möglichkeit am Schopf.

 

Unser Guide erzählte uns dann von zwei Engländern, die nach der Tour wieder rauswollten. Die Wächter meinten dann, es gäbe keine Touren mehr, und sie sollen zurück in ihre Zelle gehen. Schlussendlich wurden sie dann rausgelassen, aber nicht ohne vorher noch 400 USD pro Person abzuheben und als Bestechung bezahlen. Also, kleiner Geheimtipp. Keine Gefängnistouren...

 

Wir wurden dann durch die Marktgegend gebracht, wo uns erklärt wurde, dass es nicht klug ist, die Marktfrauen zu 'betrügen'. Man hat die gleiche Marktfrau wie seine Eltern, und die Kindern werden dann auch die Gleiche haben. Wenn die Marktfrauen mitbekommen, dass man sie hintergangen hat, und wo anders am Markt eingekauft hat, dann werden die Preise knallhart für ein paar Male raufgeschlagen. Lustigerweise machen dann alle mit, weil Loyalität ganz offensichtlich wichtiger ist, als der Preis.

 

Zu den Marktfrauen selbst hörten wir auch einige Geschichten. Meistens tragen sie ja die traditionellen Kleider, und den etwas zu kleinen Hut. Am Hut kann man dann erkennen, ob jemand verheiratet ist oder nicht. Verheiratet ist eine, wenn der Hut gerade sitzt, wenn er schief sitzt, dann entweder single, verwitwet oder nicht abgeneigt, die Ehe mal zu vergessen. Die generellen Hüte sind zahlbar, aber es gibt auch welche, die kosten mehrere tausende Dollar. Die werden dann bei Festen angezogen.

Je mehr Goldzähne eine Frau hat, desto reicher ist sie, es ist also scheinbar sehr beliebt in Bolivien. Auch tragen die Frauen eine Menge von Schichten, vor allem am Unterkörper. Zum einen, um sich warm zu halten, und zum anderen um ihre Hüften zu betonen. Blond und blauäugig und schlank ist vielleicht anders und ein Foto wert, aber zumindest in Bolivien scheinbar nicht sehr attraktiv. Auch gut.

 

Und dann kamen wir natürlich auch noch zu den Hexenmärkten. Hier kann man so wunderschöne Souvenirs wie Llamaföten kaufen. Gewisse 'Zaubertränke', wobei uns gesagt wurde, viele dieser medizinischen Hilfsmittel kommen in Pulverform, und sind weiß, und es ist vielleicht nicht das Beste, wenn man versucht, das Land zu verlassen, und dann erklärt dass das weiße Pulver einen Liebestrank macht... (Scheinbar hat eine Australierin versucht, mit 90 Päckchen davon heimzufliegen – hab überlegt ob es Miranda war...)

 

Die Hexen selbst darf man nicht fotografieren, sonst wird man verflucht. Nicht 'be'flucht sondern verflucht. Wenn man an das glaubt, zumindest. Aber scheinbar haben dann alle Bolivianer Angst und Panik von dir, und das will man auch nicht unbedingt. Hexe wird man ja auch nicht so leicht. Man muss scheinbar vom Blitz getroffen werden, um diese Ehre bzw diese Fähigkeiten zu erhalten. Aber nicht irgendein Blitz. Es müssen scheinbar einige Faktoren zusammentreffen, damit da dann alles passt. Also jetzt dann bitte nicht bei Gewitter rumlaufen, und versuchen, sich von einem Blitz treffen zu lassen!!!

 

Und dann gibt es natürlich auch wieder die Opfergaben. Ich habe ja in Peru schon einiges davon gehört, aber in Bolivien geht das dann alles noch einen Schritt weiter. Die Bolivier nehmen das nämlich scheinbar recht ernst. Wenn man ein Haus baut, dann muss man einen Zeremonienmeister haben, der dann einen Llamafötus oder manchmal auch ein lebendiges Llama begräbt, um den Grund und somit das Haus zu segnen. Ist das Haus etwas höher oder größer, reicht manchmal ein Llama oder Alpaca nicht, da muss dann was besseres her.

In diesem Sinne wurde uns dann auch erklärt, dass wir uns etwas wundern sollten, wenn ein Bolivianer daherkommt und uns aus dem Nichts für ein Getränk nach dem anderen einlädt. Dann wurdest du scheinbar zum Opfer ausgekoren und solltest schauen, dass du dich aus dem Staub machst. Bevor du im Staub liegst..

 

 

Aber generell sind es eher Obdachlose, die für sowas verwendet werden. Die Infos sind auch alle etwas fragwürdig, weil es keine offizielle Info gibt, dass es soetwas gibt. Aber ok, die Zeremonienmeister werden nicht sagen, dass sie anderen vorgeben, jemanden umzubringen, und die, die ein Opfer bringen müssen, wollen dies auch nicht zugeben. Aber indirekt ist es scheinbar allgemein bekannt, dass dies passiert. Laut unserem Guide gibt es einen Kerl in der Unterwelt von La Paz, der mal als Opfer auserkannt wurde, und gerade noch entkommen konnte, und ein Buch darüber geschrieben hat. Jetzt, wo ich dann mal besseres Internet haben sollte, werde ich mich mal genauer erkundigen und dann im Fall vielleicht etwas verlinken. Außer ihm gibt es nämlich leider keine Zeugen für solche Zeremonien. Zumindest keine lebendigen, und die Toten reden ja bekanntlich nicht.

 

Die Tour war auf jeden Fall sehr interessant, und als wir dann fertig waren, beschlossen wir, nochmal zum Straßenfest zu gehen, weil wir nochmal Lust auf einen Burger hatten. Und dann war es für mich auch schon an der Zeit, meine Sachen für den nächsten Morgen vorbereiten. Death Road, ich komme!

 

Die Death Road hat ihren Namen nicht umsonst. Mittlerweile gibt es eine alte und eine neue Straße, wobei die alte die offizielle Death Road ist. Durch die neue Straße fahren aber mittlerweile deutlich weniger Leute dort, und daher haben sich auch die Todesfälle stark minimiert. Und im Jahr 2016 gab es noch gar keinen. Sehr oft sind die Unfälle auch etwas bescheuert, weil sich Touristen vollkommen unterschätzen und glauben, hinunterfahren zu können, ohne zu bremsen.

 

Aber erstmal ging es um 7.00 los, in Richtung La Cumbre. Auf fast 5000 Meter standen wir dann im Schnee und bibberten um die Wette. Auch der Tee und das Frühstück half erstmal nicht viel, um uns aufzuwärmen.

 

Als schließlich das ganze Equipment aufgeteilt wurde, und wir uns noch ein paar Extraschichten angezogen hatten, ging es, erstmal auf der Asphaltstraße los. Ich hab zwar ein paar Fotos mit meiner GoPro gemacht, aber hauptsächlich Videos, und habe im Moment leider keine Chance, etwas hochzuladen (ich verzweifle teilweise an 5 Bildern). Von der Agentur aus gab es auch noch Fotos und Videos, aber die sind alle bei Dropbox, und das wird wahrscheinlich genauso schwer, die hier herunterzuladen, wie es wäre, Videos hochzuladen. Weil ich jetzt dann eh bald daheim bin, werde ich das dann von da aus machen und updaten. Also gerne dann irgendwann nochmal reinschauen!

 

Es war dann recht erstaunlich, wie schnell es warm wurde, und gegen 10.00 saßen wir dann schon im T-Shirt da, als wir eine kurze Pause mit Jause hatten. Schlussendlich beschlossen auch die meisten, sich ein paar Schichten abzulegen.

 

Die Fahrt selbst war wirklich toll. Das Panorama ist generell beeindruckend, und wenn man die Abgründe so sieht, ist das durchaus beängstigend. Und vor allem, sehr schwer vorstellbar, dass teilweise Autos mit Gegenverkehr hier gefahren sind... Aber natürlich verwundert es nicht, dass hier so einige Unfälle passiert sind. Wir waren recht froh darüber, keinen Gegenverkehr zu haben, es reichte ja schon, wenn Busse neben einem gefahren sind (und es hieß genrell, wir sollten auf der linken Seite, also am Abgrund fahren. Ich verweigerte dies meistens, man muss es nicht zu weit treiben..)

 

Unsere Tour war dann gegen 15.30 zu Ende, und dann gabs erstmal ein Essen. Zu dem Zeitpunkt waren wir dann gerade mal auf 1000 Höhemeter. Im Gegensatz zu La Paz, das fast auf 4000m liegt, und Cumbre (wo wir am Morgen waren, mit knapp 5000). Also hieß es dann erst mal wieder: Ab in den Bus und zurück rauf. Eine lange, und kurvige Fahrt...

 

Den letzten Tag verbrachte ich dann eigentlich damit, ein wenig herumzugondeln. Mit den roten Gondeln rauf nach El Alto, mit der gelben wieder runter, und dann mit dem Bus ein wenig rumkurven, und dazwischen natürlich die Aussicht genießen. Ich hatte mir dann auch einen Flug nach Santa Cruz gebucht, weil ich eigentlich keine Lust auf die Straße hatte, von der ihr nicht besonders viel gutes gehört hatte.

 

Der Flug wäre ja eigentlich eine gute Idee gewesen. Es hieß, ca 2h vorher am Flughafen zu sein. Also nahm ich ein Taxi und war gegen halb 1 am Flughafen. Mein Flug, normalerweise um 15.00 war dann aber storniert worden, und obwohl es sicher noch 4 andere Flüge nach Santa Cruz gab, wurde ich auf einen um 17.00 umgebucht. Juhu. Naja, wenigstens gab es Internet..

 

Als ich es dann mal nach Santa Cruz geschafft hatte, wollt ich eigentlich nur noch mit dem Taxi ins Hostel, und dann so rasch wie möglich den Zug an die Grenze buchen. Den Zug buchte ich mir dann am nächsten Morgen. Zuerst schaffte ich es aber mal, über eine Treppenstufe zu fliegen, und mir das Knie wieder aufzuschlagen. War ja auch schon wieder fast zu lange her, dass ich mich verletzt habe. Ich fragte dann am Schalter nach einem Zug nach Puerto Quijarro. Der Herr erklärte mir, dass ich hier komplett falsch wäre, und schickte mich nach links weiter. Es war durchaus etwas verwirrend, weil ja stand, dass man dort die Zugtickets kaufen konnte (es war ein Zug & Busterminal), aber ok. Weil ich dann aber nichts mehr entdeckte, fragte ich einen anderen netten Herren. Der schickte mich dann wieder dort zurück. Ich erklärte ihm, dass mir der Mann gesagt hatte, es gäbe dort keine Züge nach Puerto Quijarro. Als der andere Mann dann fragte, gab es plötzlich welche. Der Verkäufer meinte dann, er hätte von mir verstanden, dass ich einen Zug nach Argentinien gesucht hätte. Ich muss auch sagen, Ouerto Quijarro und Argentina klingt durchaus 'seeeehr' ähnlich. Wie dem auch sei, schlussendlich erhielt ich mein Ticket und dann musste ich nur noch ein paar Lebensmittel für die Fahrt einkaufen, bevor es dann am Nachmittag losging.

 

Die Zugfahrt war mal was anderes. Es war nett, einfach hin und herlaufen zu können, und Essen zum Platz gebracht bekommen. Wir waren auch um einiges schneller, als ich erwartet hatte, und das Essen war wirklich gut. Die Aussicht war auch schön und es war einfach mal was anderes wie der Bus. (und auch wenn ich mir das nach Canada schon mal gesagt habe – in nächster Zeit wird’s keine langen Busfahrten mehr geben. Wenn ich dann wieder daheim bin, logischerweise..)

 

Schließlich hieß es dann noch Grenze überqueren, und ich muss sagen, das war die schlimmste Grenze bis jetzt. Vielleicht abgesehen von Santiago nach Mendoza. Aber es war verdammt heiß und sie waren extrem langsam und zu trinken konnte man nichts kaufen, wenn man nicht gerade die Schlange verlassen wollte, und sich wieder neu anstellen würde. Und nach über 2h Wartezeit willst du das nicht mehr machen.

 

 

Aber schließlich und endlich war ich dann in Corumba angekommen. Also Bolivianos verstauen, und Reais wieder auspacken, hallo Brasilien, ich bin wieder da!

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